Nachhaltigkeit in der Pharmabranche: Fortschritte, Herausforderungen und Perspektiven
Ein neuer weltweiter Marktforschungsbericht, der kürzlich von Cytiva und FT Longitude, der Forschungsabteilung der Financial Times, veröffentlicht wurde, zeigt, dass Nachhaltigkeit für Unternehmen der biopharmazeutischen Industrie zur obersten Priorität geworden ist.
Die biopharmazeutische Industrie befindet sich an einem entscheidenden Punkt im Hinblick auf die Nachhaltigkeit. Der jüngste Cytiva-Bericht zeigt, dass bei der Messung und Reduktion von Emissionen noch erhebliche Herausforderungen bestehen, insbesondere in komplexen Lieferketten.1 Nachfolgend haben wir die Forschungsergebnisse kurz zusammengefasst.
Nachhaltigkeit steht im Mittelpunkt
Der Bericht macht deutlich, dass Nachhaltigkeit für die Biopharma-Branche nicht länger ein Nebenprojekt ist, sondern zu einer zentralen strategischen Priorität geworden ist. Beeindruckende 62 % der befragten Biopharmaunternehmen geben an, dass Nachhaltigkeit in den nächsten fünf Jahren ihre oberste Priorität sein wird. 1 Dies spiegelt die wachsende Anerkennung sowohl der ökologischen Notwendigkeit als auch des wirtschaftlichen Nutzens von Nachhaltigkeit wider.
Unternehmen, die bei der Nachhaltigkeit eine Vorreiterrolle einnehmen, nehmen bereits konkrete Vorteile wahr. In den letzten 12 Monaten meldeten Unternehmen, die führend sind im Bereich Nachhaltigkeit, Umsatzsteigerungen (55 %), Gewinnsteigerungen (57 %), einen Anstieg des Aktienkurses (56 %), eine Verbesserung des Markenrufs (58 %) und eine Steigerung der Attraktivität für Talente (54 %).1 Die Botschaft ist eindeutig: Nachhaltigkeit ist nicht nur gut für den Planeten, sondern auch für das Geschäft.
Messung von Fortschritt und ROI bleibt eine Herausforderung
Obwohl die Branche die Bedeutung von Nachhaltigkeit anerkennt, ist es für viele Unternehmen nach wie vor schwierig, den Fortschritt und die Investitionsrendite (ROI) genau zu messen. Ganze 76 % der befragten Biopharmaexperten geben an, dass ihr Ansatz zur Messung der finanziellen Auswirkungen von Nachhaltigkeitsinitiativen entweder gar nicht oder nur einigermassen genau ist. 1
Diese Schwierigkeiten bei der Messung führen zu einer Zwickmühle. Ohne klare Daten über die Kapitalrendite und die Emissionsreduzierung wird es für Unternehmen schwieriger, weitere Investitionen in Nachhaltigkeitsinitiativen zu rechtfertigen. Die Überwindung dieser Hürden wird für die Beschleunigung des Fortschritts entscheidend sein.
Zusammenarbeit in der Lieferkette ist der Schlüssel
Eine der wichtigsten Erkenntnisse des Berichts ist, dass Zusammenarbeit in der Lieferkette bei der Förderung der Nachhaltigkeit eine entscheidende Rolle spielt. Über 70 % der CO2-Emissionen in der biopharmazeutischen und Healthcare-Industrie stammen aus den Lieferketten. 2 Dennoch nennen 69 % der befragten Fachleute eine schwache Zusammenarbeit innerhalb der Wertschöpfungskette als ein Haupthindernis für Nachhaltigkeit.
Hier gibt es offensichtlich Verbesserungspotenzial. Fast drei Viertel (71 %) der Unternehmen geben an, dass ihre Zulieferer nicht gut genug sind, um Nachhaltigkeitsinitiativen voranzubringen. 1 Gleichzeitig fehlt es vielen Zulieferern möglicherweise an der nötigen Expertise, um die von Biopharmaunternehmen gewünschte detaillierte Anleitung und Unterstützung zu bieten.
Technologie als Wegbereiter
Der Bericht hebt die wichtige Rolle hervor, die der Einsatz von Technologie zur Beschleunigung des Fortschritts im Bereich der Nachhaltigkeit spielt. Automatisierung, künstliche Intelligenz, Datenanalyseplattformen und Lösungen für das Internet der Dinge (IoT) werden als besonders vielversprechend angesehen.1
Es besteht eine Kluft zwischen dem Erkennen des Potenzials von Technologien und der effektiven Umsetzung. So sehen zwar 64 % der Unternehmen die Automatisierung als wichtig an für die Nachhaltigkeit, aber nur 29 % nutzen sie in grossem Umfang.
Laut Patrik Senn, Head of Product Management bei ELPRO, sind Lösungen für die Überwachung der Umgebungsbedingungen in der pharmazeutischen Kühlkette entscheidend für die Nachhaltigkeitsbemühungen von Pharmaunternehmen. «Überwachungssysteme der nächsten Generation ermöglichen dynamische Risikobewertungen, sowohl vor als auch während des gesamten Produkttransports. Beispielsweise elproPREDICT, eine Real-Time-Lösungen für prädiktive Analytik. Diese Systeme ermöglichen das proaktive Ergreifen von Massnahmen zur Minderung oder Vermeidung von Produktverlusten, da mögliche Ausfälle optimal vorhersehbar sind. Durch die zusätzliche Risikobewertung helfen diese Tools, überflüssiges Verpackungsmaterial zu reduzieren, sie liefern präzise Daten für KPIs und Return on Investment und tragen so zur Reduzierung des CO2-Fussabdrucks bei», erklärt Patrik Senn. Und weiter: «Um das Potenzial der Kreislaufwirtschaft voll auszuschöpfen, ist eine enge Zusammenarbeit aller Beteiligten bei der Rücknahme, Wiederverwendung und Aufarbeitung von elektronischen Bauteilen und Verpackungsmaterial unerlässlich. »
Die regulatorische Landschaft birgt Herausforderungen
Eine weitere zentrale Herausforderung, die in dem Bericht hervorgehoben wird, ist der offensichtliche Mangel an einheitlichen globalen Nachhaltigkeitsstandards und -vorschriften. Fast 40 % der Befragten gaben an, dass dieser Mangel an klaren Vorschriften und Standards ein erhebliches Hindernis für die Erreichung der Unternehmensziele darstellt.
Der Bericht weist jedoch auch darauf hin, dass Unternehmen bestehende regionale Rechtsvorschriften wie die EU-Richtlinie 2022/2464 hinsichtlich der Nachhaltigkeitsberichterstattung von Unternehmen (CSRD) nutzen können, um ihre Ziele und Strategien zu formulieren.3 Indem sie sich an die strengsten Standards halten, können sie sich bereits jetzt erfolgreich positionieren für eine Weiterentwicklung der Vorschriften auf globaler Ebene.
Der Weg in die Zukunft
Ausgehend von den Ergebnissen des Berichts gibt es drei wichtige Handlungsfelder für Pharmaunternehmen, die ihre Fortschritte im Bereich Nachhaltigkeit beschleunigen wollen:
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Nachhaltigkeit auf höchster Ebene Priorität einräumen: Setzen Sie die Nachhaltigkeit ganz oben auf die Unternehmensagenda und kommunizieren Sie dieses Engagement sowohl intern als auch extern.
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Fokus auf Messverfahren: Investieren Sie in Technologien und Verfahren zur genauen Messung von Emissionen, insbesondere von Scope-3-Emissionen. Weg von ausgabenbasierten Schätzmethoden hin zu präziseren Messungen.
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Zusammenarbeit über die gesamte Wertschöpfungskette hinweg: Arbeiten Sie eng mit Lieferanten und anderen Partnern zusammen, um gemeinsame Nachhaltigkeitsstrategien und erreichbare Ziele festzulegen. Teilen Sie Daten, Fähigkeiten und Innovationen, um gemeinsam Fortschritte zu erzielen.
Mit diesen Schritten können Pharmaunternehmen die aktuellen Herausforderungen meistern und sich auf eine nachhaltigere Zukunft zubewegen. Es steht fest, dass Nachhaltigkeit für die Pharmabranche keine Option mehr ist. Unternehmen, die ihr keine Priorität einräumen, riskieren, hinter ihre Konkurrenten zurückzufallen, Talente zu verlieren und ihren Ruf zu schädigen. Gleichzeitig ernten diejenigen, die den Weg vorgeben, bereits jetzt erhebliche Vorteile.
Referenzen:
[1] Cytiva. (2024). 2024 Global Biopharma Sustainability Review.
[2] Di Russo M, Zjalic D, Lombardi GS, et al. (2023). Impact of the 50 biggest pharma companies: a review of Environmental report aspiring to NetZero. European Journal of Public Health, 33(Suppl 2). doi: 10.1093/eurpub/ckad160.1182.
[3] European Commission. (2024). Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD).
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